Offener Brief an OB Geisel wegen Islam-Ausstellung im Rathaus

Offener Brief an OB Geisel wegen Islam-Ausstellung im Rathaus
10.02.2017
Rüdiger Gutt

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Geisel,

vom 6. bis 9. Februar 2017 fand im Düsseldorfer Rathaus die Ausstellung „Eine Reise durch die islamische Zeit“ statt. Verantwortlich für die gezeigten Inhalte und ausgelegten Informationsschriften war die islamische Reformgemeinde „Ahmadiyya Muslim Jamaat“, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die CDU-Ratsfraktion nimmt Textstellen in den von der Gemeinde herausgegebenen und im Rahmen der Ausstellung zur Verfügung gestellten Broschüren zum Anlass von Kritik und Besorgnis. Uns drängt sich der Verdacht auf, dass Sie als Hausherr die Texte im Vorfeld inhaltlich nicht hinreichend haben prüfen lassen.

Anders ist es nicht zu erklären, dass höchst problematische Aussagen zur Gleichberechtigung von Musliminnen, zu ihrem gewünschten Verhalten in der Ehe und zu Kleidungsvorschriften unkommentiert und widerspruchslos im Rathaus Verbreitung fanden. Mehr noch: Indem Sie, Herr Oberbürgermeister, die Ausstellung genehmigten und in den Räumen des Rathauses stattfinden ließen, signalisierten Sie im Namen der Stadt Düsseldorf auch Zustimmung zu sämtlichen dort veröffentlichten Texten.

Kritisch sehen wir als CDU-Fraktion u. a. folgende Passagen, die sich in den Mitnahme-Flyern finden:

Unter Umständen, etwa, wenn durch Krieg viele Frauen Witwen geworden und ihnen und den Waisenkindern eine Familie fehlt, ist es dem Mann erlaubt, mehrere (bis zu vier gleichzeitig) Frauen zu heiraten, aber nur, wenn er in der Lage ist, zwischen ihnen vollkommene Gerechtigkeit walten zu lassen […] Die Ehe einer Frau mit mehreren Männern wäre jedoch eine extreme Belastung, wenn die Frau fortwährend von verschiedenen Männern schwanger würde.
(Flyer „Die islamische Ehe“)

Eine Frau sollte „ihrem Mann eine liebevolle und loyale Partnerin sein und nicht gegen ihn opponieren. […] Sie soll ihre Natur nicht verleugnen und sich nicht weigern, eine Zeit ihres Lebens ihren Kindern zu widmen, nur, weil ihr vordergründige Freuden und Ziele einer Karriere oder Vergnügungen wichtiger erscheinen. […] Sie soll nicht rechthaberisch und widerspenstig ihren egoistischen Interessen nachhängen, sondern genau wie ihr Mann bemüht sein, den Aufgaben des Tages nachzugehen […]“.
(Flyer „Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam“)

Frauen haben „das Recht, von Eltern und Verwandten zu erben, aber da ihre Ehemänner beauftragt sind, die Familie zu ernähren, während sie von dieser Verpflichtung befreit sind, gebührt ihnen weniger“.
(Flyer „Die Rechte und Pflichten einer Frau im Islam“)

Eine Frau möchte „durch die Bedeckung ihrer Schönheit, die auch in ihren Haaren liegt, kundtun, dass sie nicht flirten will und keine sexuellen Beziehungen zu fremden Männern haben möchte. […] Kopftuch und Schleier sind somit Mittel der muslimischen Frau, ihre Würde zu verteidigen; sie verdeutlicht damit, dass sie für den Mann auf der Straße nicht Objekt seiner Begierde sein will und er nicht über sie verfügen kann“. (Flyer „Warum trägt die Muslima Schleier oder Kopftuch?“)

Die zitierten Aussagen erschweren nach unserer Auffassung die gesellschaftliche Integration von Musliminnen und Muslimen, weil sie Missverständnissen und Konflikten Vorschub leisten. Zieht man beispielsweise in der letztgenannten Einlassung zu Schleier und Kopftuch den Umkehrschluss, dann hieße das, dass eine (muslimische) Frau, die kein Kopftuch trägt, fremde Männer öffentlich zum Sex einlädt. Sie wäre dann als bereitwilliges Objekt männlicher sexueller Begierde anzusehen und hätte wohl jederzeit mit entsprechenden Übergriffen zu rechnen.

Hier hätte dringend ein umsichtiger Dialog mit den Machern der Ausstellung stattfinden müssen. Wo bestimmte Formen von Religionsausübung unsere Werte und Grundrechte berühren, müssen wir das klärende Gespräch suchen. Ein Frauenbild, das – wie in den angegebenen Textstellen deutlich wird – nicht auf völliger Gleichberechtigung beruht, können wir als Mehrheitsgesellschaft nicht akzeptieren.

Sie, Herr Oberbürgermeister, hätten die Ausstellung in einen kritischen Dialograhmen einbetten sollen, um Missverständnissen vorzubeugen und klare weltanschauliche Grenzen im Sinne unserer hiesigen freiheitlich demokratischen Wertorientierung zu ziehen. Diese Chance wurde bedauerlicherweise verpasst.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Rüdiger Gutt
Fraktionsvorsitzender