Antrag: Interaktives Zeitzeugen-Projekt zum Holocaust nach Düsseldorf holen

Antrag: Interaktives Zeitzeugen-Projekt zum Holocaust nach Düsseldorf holen
Mahn- und Gedenkstätte
Sitzung am 04.06.2020
Friedrich G. Conzen

Mehr als 75 Jahre sind seit der Befreiung der Inhaftierten im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vergangen. Doch damit ist der Antisemitismus aus Deutschland keineswegs verschwunden. Noch immer und immer wieder entladen sich Hass und Hetze gegen Menschen jüdischen Glaubens in abscheulichen Gewalttaten – wie jüngst der Angriff auf ein koscheres Restaurant in Chemnitz oder der Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale).

Deshalb ist es wichtiger denn je, heute und in Zukunft an die Opfer der Shoa zu erinnern und dabei das Bewusstsein für die historische deutsche Verantwortung wachzuhalten. Dauerhafter Anspruch von Schule, Medien und Politik muss sein, über Aufklärung, Anschaulichmachen und Appell für eine offene und friedliche demokratische Gesellschaft zu werben, in der sich auch Jüdinnen und Juden sicher und zu Hause fühlen.

Hier leistet die Mahn- und Gedenkstätte für Düsseldorf seit Jahren vorbildliche Arbeit. Mit ihren Ausstellungen und Bildungsangeboten engagiert sich die Einrichtung gewissenhaft und unermüdlich für eine lebendige Erinnerungs- und Verantwortungskultur in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Damit erreicht sie gerade auch Jüngere und holt Geschichte als individuelle Geschichten in die Gegenwart. Sie setzt ein Zeichen für Menschlichkeit, Respekt und Toleranz – und gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus.

Wie lehrreich und berührend der Dialog mit Überlebenden des Holocaust sein kann, zeigt derzeit ein digitales und interaktives Zeitzeugen-Projekt im Deutschen Technikmuseum Berlin.[1] Seit Februar können dort Schulklassen der heute 94-jährigen Anita Lasker-Wallfisch[2] mündlich Fragen zu ihrer Lebensgeschichte stellen. Lasker-Wallfisch erscheint lebensgroß als Projektion auf einem Videomonitor. Ein lernendes Programm im Hintergrund wählt in Echtzeit aus einer Datenbank mit über tausend Antworten die (am besten) passende aus und spielt sie als Videoclip ab, „sodass der Eindruck einer Gesprächssituation entstehen kann“[3]. Die Antworten wurden zuvor in einem Interview mit Lasker-Wallfisch aufgezeichnet.

Die Testphase in Berlin dieses ersten deutschsprachigen Projekts einer Video-Interaktion mit einer Auschwitz-Überlebenden endet Mitte Juni dieses Jahres. Danach könnte das digitale Format auch an anderen Lern- und Erinnerungs-Orten in Deutschland eingesetzt werden.

Die CDU-Ratsfraktion spricht sich sehr dafür aus, dieses besondere Bildungsangebot mit biografischem Bezug nach Düsseldorf zu holen und in der Mahn- und Gedenkstätte oder möglicherweise auch im Rathaus zu präsentieren. Wir sind überzeugt, dass der Einsatz der hier genutzten Technologie die verantwortungsvolle Arbeit der Gedenkstätte positiv unterstützen kann. 


[1] Bei diesem deutschsprachigen Pilotprojekt aus der Reihe „Dimensions in Testimony“  arbeitet das Technikmuseum mit der „USC Shoah Foundation – The Institute for Visual History and Education“ zusammen und wird von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) finanziell unterstützt. Vgl. sowie https://technikmuseen-deutschland.de/interaktives-zeitzeugnis-als-museums-angebot (Zugriff: 11. März 2020).

[2] Lasker-Wallfisch (geb. 1925) wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und spielte Cello im sogenannten Mädchen-Orchester des Lagers. 1944 wurde sie nach Bergen-Belsen verschleppt und dort im April1945 von britischen Truppen befreit. Nach dem Krieg wanderte sie nach England aus und war Mitbegründerin des English Chamber Orchestra in London.

 

Antrag:

Der Rat beauftragt die Verwaltung, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen das erste deutschsprachige interaktive Zeitzeugnis mit Anita Lasker-Wallfisch in der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte oder ggf. auch im Rathaus gezeigt werden kann.

Die Ergebnisse der Prüfung sollen dem Rat in seiner Sitzung am 18. Juni 2020 vorgelegt werden.